Donnerstag, 18. April 2013

Belichtungsautomatik vs. manuelle Belichtung

Was bringt die manuelle Belichtungseinstellung für Vorteile gegenüber Automatikprogrammen. Dieser Frage möchte ich heute ein wenig auf den Grund gehen.

In der Mehrzahl der Fälle fotografieren heute die meisten HobbyfotografInnen mit Belichtungsautomatiken. 80% davon würde ich meinen belassen es dabei bei der Programmautomatik, die restlichen 20% verwenden vielleicht noch  die Zeit- oder Blendenautomatik und gehören damit schon zu den fortgeschrittenen Usern.

Warum gibt es sie eigentlich noch, die manuelle Belichtungseinstellung? Braucht man die überhaupt noch in  einer Zeit, wo Kameras kleine Rechenzentren sind, die so gut wie alle Motivsituationen im Speicher abgelegt haben und diese bei Wiedererkennen einer ähnlichen Situation abrufen können? Warum fotografieren ein paar wenige HobbyfotografInnen und die meisten Profis auch heute noch manuell?

Ich möchte Euch anhand eines kleinen Beispiels den Workflow mit Automatik und manuellem Modus gegenüberstellen.

Als Automatik verwenden wir in diesem Beispiel die Zeitautomatik und wählen die Blende unserem Motiv entsprechend selbst vor. Die Kamera erledigt den Rest. Sowohl im Automatikmodus, als auch im manuellen Modus verwenden wir die Matrix- bzw. Mehrfeldmessung als Belichtungsmessmethode.

Mit der Automatik sieht die Sache so oder so ähnlich aus:

1.) 
Du hältst auf Dein Motiv an und machst ein Foto

2.) 
Du schaust auf das Display und stellst fest, dass das Foto zu hell ist

3.)
Du weißt, dass Du mit der Belichtungskorrektur die Belichtung beeinflussen kannst und stellst nach Gefühl eine Minus-Korrektur ein, z.B. -1 Stufe

4.) 
Du machst ein zweites Bild und wenn Du Glück hast und hast richtig geschätzt und hast noch dazu den Bildausschnitt exakt gleich gewählt wie bei der ersten Aufnahme, kann es sein, dass die Belichtung passt. 

5.) 
Falls Du jedoch den Bildausschnitt nur ein wenig anders gewählt hast, kann es sein, dass Deine Kamera (weil sie ja gescheit ist) ein völlig anderes Motiv erkennt und bei der zweiten Aufnahme anders reagiert als bei der ersten. Dein Bild wird jetzt noch heller. Du fragst Dich, was Du falsch gemacht hast. Eigentlich nichts, Du hast auf das erste Bild richtig reagiert, die Kamera hat Dich aber ausgetrickst, weil sie bei der zweiten Aufnahme etwas anderes als beim ersten Mal erkannt hat. Bei der Matrixmessung ist es nämlich so, dass die Kamera schon von sich aus Belichtungskorrekturen vornimmt, je nach Motiv, das sie erkannt hat und Du aber über das Ausmaß der Korrektur nicht informiert wirst. Somit kannst Du  gar nicht wissen, wie die Kamera reagieren wird. Niemand weiß das, auch Profis nicht.

6.) 
Du probierst weiter und machst reihenweise Fotos, die nach vielen Versuchen dann vielleicht doch gelingen. Hältst Du die Kamera jedoch ein wenig anders, sieht das Ergebnis schon wieder anders aus…Mist….wieder korrigieren.

7.) 
Wer ganz clever ist, stellt an der Kamera die Belichtungsreihenfunktion ein und schießt nach der Schrotschussmethode 3, 5 oder gar 7 Fotos mit unterschiedlicher Belichtung mit Dauerfeuer, aus denen er/sie dann das beste auswählt. Meistens tut man das nicht gleich, sondern holt sich die Bilder erst einmal auf den PC oder MAC und dort bleiben sie dann meistens auch, ohne dass jemand die misslungenen Fotos aussortiert. Es entsteht viel Datenmüll.



Im manuellen Modus sieht die Sache so aus (ohne externem Belichtungsmesser):

1.) 
Du blickst durch den Sucher, visierst Dein Motiv an und stellst die Belichtung mit Zeit und Blende so ein, dass die Lichtwaage (Balkenanzeige oder numerische Anzeige im Sucher) auf 0 steht. Diese Einstellung entspricht genau dem, was auch die Automatik einstellen würde. Du machst die erste Aufnahme.

2.) 
Du betrachtest anschließend die Aufnahme am Kameramonitor (am besten mit dem Histogramm) und siehst, dass sie zu hell ist.

3.) 
Kein Problem, Du hast ja durch die fixe Einstellung der Zeit und Blende eine Referenz, die sich nicht mehr verändert und kannst jetzt mit ein wenig Erfahrung einschätzen, wie weit die Belichtung daneben liegt. Nehmen wir an, Du musst die Belichtung um 1 Stufe verringern, damit das Bild dunkler und somit richtig belichtet wird.

4.) 
Du drehst am Zeit oder Blendenrad, verkürzt die Zeit um eine Stufe oder schließt die Blende eine Stufe,  je nach Präferenz um die Korrektur einzustellen, machst das zweite Foto und bist fertig. Um die Belichtungsmessung brauchst Du Dich jetzt nicht mehr zu kümmern, da die Belichtung ja fix eingestellt ist. Es ist jetzt auch gleichgültig wie Du den Bildausschnitt wählst. Die Belichtungsanzeige im Sucher kann Dir jetzt auf österreichisch "wurscht" sein.



Im manuellen Modus mit externem Belichtungsmesser sieht die Sache noch einmal anders aus, vorausgesetzt man weiß, wie man damit umgeht:

1.) Du misst die Belichtung mit dem Belichtungsmesser, interpretierst das Messergebnis aufgrund Deiner Erfahrung und stellst die Werte für Zeit und Blende an der Kamera ein. Du machst die erste Aufnahme und betrachtest zufrieden das Ergebnis, das in den meisten Fällen passt, wenn Du Dich ein wenig mit Belichtungsmessung auseinandergesetzt hast. Du benötigst in vielen Fällen keine zweite Aufnahme und bist glücklich und zufrieden. Solange sich das Licht nicht verändert, kannst Du mit der gleichen Einstellung weiter fotografieren und erhälst immer gleich helle und daher konsistente Ergebnisse.

Wie immer möchte ich am Schluss anmerken, dass Ihr mir nichts glauben sollt, sondern das Ganze selbst ausprobieren sollt. Wenn ihr dann die gleiche Erfahrung macht und Euch meine Ausführungen etwas für Eure eigene Fotografie bringt, würde ich mich freuen. Wenn Ihr zum Schluss kommt, dass das Ganze was ich hier von mir gebe Blödsinn ist, ist das auch o.k.
Ihr müsst für euch den richtigen Weg finden.

In diesem Sinne wünsche ich Euch Gut Licht und volle Akkus
Euer Karl